Wegweiser
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Letzte Aktualisierung: 13.07.2012 23:03

 

 

 

 

 

Alles nur Übung
 

Die Bibel fordert uns auf, beharrlich zu sein. Das hat auch etwas mit Übung und Ausdauer zu tun.

Röm 12,12
Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.

Eph 6,18 

Betet allezeit mit Bitten und Flehen im Geist und wacht dazu mit aller Beharrlichkeit im Gebet für alle Heiligen

Kol 4,2 
Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksagung!

 

Bei einer Belustigung am Hofe des Königs traten auch Harlekine, Gaukler und ein Zauberer auf. Ihre Kapriolen und Tricks begeisterten die Zuschauer, die Kunststücke des Zauberers verschlugen ihnen schier die Sprache. Der eifrigste Bewunderer war der König selbst. „Bravo! Unglaublich! Wunder über Wunder! Welch ein Genie!“ rief der König immer wieder, und die meisten Mitglieder seines Hofes waren bemüht, die Begeisterung ihres Königs noch zu übertreffen.

Nur sein Minister glaubte, die Kunst des Zauberers ins rechte Licht rücken zu müssen und sagte zum König: „Hoheit, ich möchte Eure Begeisterung zwar nicht schmälern, aber bedenkt, alles was der Zauberer darbietet ist ein Erfolg seiner Übung und seines Fleißes und keinesfalls ein Wunder.“ Der König war aber so gar nicht in der Stimmung, sich belehren zu lassen. Ärgerlich zog er die Augenbrauen zusammen und herrschte seinen Minister an: „Was fällt dir ein, die Genialität dieses großartigen Zauberers klein zu reden. Übung, Fleiß, Ausdauer... bla, bla, bla. Es ist wie ich immer sage: Entweder man hat Talent oder man hat keines. Du hast jedenfalls kein Talent. Schafft ihn mir aus den Augen“, befahl er seinen Dienern, und werft ihn ins Verlies, den Kalbskopf, da hat er dann genügend Zeit, über meine Worte nachzudenken. Und gebt ihm gleich ein Kälbchen mit, dann hat der Kalbskopf jemanden, mit dem er sich unterhalten kann“, fügte er mit boshaftem Witz hinzu.

Da fand der Minister sich plötzlich im Kerker wieder, nur weil er den Mund nicht hatte halten können, denn er wusste sehr wohl, dass es gefährlich war, Mächtige belehren zu wollen. Doch er haderte nicht lange mit seiner Situation, und er überlegte, wie er das Beste aus seiner Lage machen könne.

Als er das Blöken des Kälbchens vernahm, kam ihm eine Idee: Er versuchte, das Kälbchen hochzuheben. Als ihm das gelang, machte er aus dieser Übung ein regelrechtes Trainingsprogramm und trug das Kälbchen mehrmals täglich die zahlreichen Stufen, die in die Tiefen des ‚Verlieses führten, hinauf und hinunter. Das Kälbchen wurde rasch größer, doch auch die Kräfte des Ministers wuchsen von Tag zu Tag.

Eines Tages musste der König in einer äußerst schwierigen politischen Angelegenheit eine Entscheidung treffen. Alle seine Berater hatten keine rechte Antwort parat. Da entsann der König sich seines ehemaligen Ministers, der im Kerker schmachtete, und er ließ ihn zu sich holen. Als der Minister den Thronsaal betrat, fielen dem König vor Erstaunen erst das Kinn herunter und dann fast die Augen aus dem Kopf, denn der Minister trug auf ausgestreckten Armen einen leibhaftigen Stier vor sich her.

„Welch ein Wunder! Welch ein Genie!“ rief der König aus, dessen Verwunderung grenzenlos war.

Der Minister stellte den Stier vor dem Thron des K önigs ab und sagte mit einer leichten Verbeugung: „Wie ich bemerkte, Eure Hoheit, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Diesen Stier gabt Ihr mir einst als Gefährten mit in die Kerkerhaft. Dass ich so kräftig wurde, ihn tragen zu können, ist nur die Folge meines Fleißes, meiner Übung und meiner Ausdauer.“
 
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