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Montag. Wir haben uns für heute nichts vorgenommen.
Ingolf möchte noch immer eine spezielle Tasche, um leger sein
Notebook durch die Stadt transportieren zu können. Früher gab es
dafür mal City-Bags. Aber es sollte eine Spur größer sein, eben
passend zum Notebook. Wir hatten unterwegs mal jemanden getroffen,
der eine Tasche in dieser Art hatte. Spontan hatte ich gefragt, wo
er das Teil her hatte. Offenbar vom Markt um den Bahnhof herum.
Davon hatte ich schon gehört, muss wohl ganz interessant sein, was
dort alles angeboten wird. Also machen wir uns auf den Weg zum
Hauptbahnhof. Fußläufig ist das gar nicht so weit - aber, wie immer,
ziemlich schwülwarm. Mir gefallen am Besten die kleinen Läden des
täglichen Bedarfs im Viertel. ALLES wird irgendwie verkauft, und
zwar auf kleinstem Raum. So kann wenigstens jeder seinen
Lebensunterhalt irgendwie verdienen. |
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Und kurz vorm Bahnhof fängt es auch schon an. Es
gibt nichts, was es nicht gibt... Kleidung, Schuhe, Taschen,
Mobiltelefone, Haushaltswaren, Brillen und sämtliches Zubehör.
Ingolf wird zweimal ein I-Phone angeboten, zu mordsgünstigen
Konditionen. Allerdings muss man wohl davon ausgehen, dass es sich
entweder um gestohlene Teile oder sogar um Hehlerware handelt. Käme
man auf die Idee, sich ein solches Teil zuzulegen, könnte es
durchaus sein, dass man auch einen entsprechenden Sicherheitscode
benötigt - über den man natürlich nicht ohne Weiteres verfügt. Und
verkauft wird einem der auch nicht - logischerweise. Außerdem kommt
geklaute oder Hehlerware mal grundsätzlich nicht in Betracht. Aber
erstaunlich ist es schon...
Ich stoße auf Lesebrillen für 3 Euro das Stück - da mir immer wieder
welche kaputt gehen, decke ich mich ein. Ingolf findet sogar welche
mit eingebautem Scheinwerfer, wenn man im Bett unter der Decke lesen
will... Ansonsten verfüge ich über alles, was ich brauche, mein
Bedarf ist gedeckt. Kurz vorm Bahnhof stoßen wir dann doch noch auf
ein Sträßchen mit verschiedenen Verkaufsständen - und am Ende der
Straße gibt es ein chinesisches Lager für Handtaschen... gestopft
voll! Zu Spottpreisen! Alle erdenklichen Modelle - inklusive der
nachgemachten Markenprodukte. Natürlich muss ich da einen Blick
reinwerfen! Ich entscheide mich für ein weißes Modell für meine
Katzensitterin. Handtasche kann man immer gebrauchen... Interessiert
sehe ich zu, wie ein dunkelhäutiger Verkäufer (die üblichen Strand-
und Straßenhändler in Italien...) sich verschiedene
Handtaschenmodelle heraussucht, dem Verkäufer ein paar Geldscheine
in die Hand knüllt und sich dann mit seiner Beute auf die Straße
begibt, wo er sie - erwartungsgemäß - mit Aufschlag verkaufen wird.
Und da sie noch immer sehr günstig sind, wird er sie auch los
werden, an gutgläubige Touristinnen, die überzeugt sind, damit das
Schnäppchen ihres Lebens gemacht zu haben... aber ich weiß ja
inzwischen, wo der Großhändler sein Lager hat... noch billiger würde
ich es allenfalls in China bekommen. Und SO WEIT bin ich dann doch
nicht bereit, zu fahren, nur um ein neues stylisches Handtäschchen
mein Eigen nennen zu dürfen...
Wir wollten uns ja den Bahnhof mal ansehen. Und wir stehen ja schon
so gut wie drin. Ich verschnaufe in der klimatisierten Bahnhofshalle
auf einem Bänkchen, während Ingolf noch bis zu den Gleisen vorstößt
und Aufnahmen macht. Übrigens auch ein Kopfbahnhof... ich weiß noch
immer nicht, warum die Stuttgarter ihren los werden wollen. Viele
Weltstädte haben einen Kopfbahnhof... Der von Neapel ist übrigens
sehr modern, Ingolf ist voll des Lobes. Wir lümmeln uns noch in
einer Café-Bar, anschließend wollen wir in einem großen Bogen
nochmal Richtung Castel Nuovo oder so. Mir geht unterwegs die Puste
aus. Ich beschließe, mich in Richtung Café Sedili abzusetzen, Ingolf
behält seinen ursprünglichen Plan bei. Seine Laptop-Tasche hat er ja
leider noch immer nicht gefunden.. |
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Auf dem Rückweg durch das Altstadtviertel mache ich
noch ein paar Aufnahmen von dem üppigen Gemüseangebot der
Kleinstläden und probiere in einem Klamottenladen ein paar Oberteile
an. Dabei werde ich noch fündig mit einem günstigen witzigen
Oberteil für meine Katzensitterin. Und endlich lasse ich mich auf
einen Stuhl im Café Sedili fallen. Javier wird ganz zutraulich, weil
ich alleine dort sitze. Er würde sich nicht so recht trauen mehr mit
mir zu reden, wenn mein Mann daneben säße, sagt er leicht
schüchtern. Das sei mein Bruder, nicht mein Mann, erkläre ich ihm.
Sogleich wird er noch zutraulicher :-) Jedenfalls unterhalten wir
uns ganz gut, während er seine Gäste bedient. Er stammt aus der
Dominikanischen Republik und arbeitet inzwischen seit 6 Jahren im
Café Sedili. Anhand der Tageszeitung zeigt er mir, dass Neapel doch
nicht so friedlich ist, wie wir es erleben. Im östlichen
Stadtbereich blüht wohl doch mehr Kriminalität, in der aktuellen
Tageszeitung steht ein Artikel über eine Schießerei in einem
Hochhausviertel mit entsprechendem Foto. Die historische Altstadt,
der Bereich um das Castell Nuovo, Margellina, Prosillipo und Vomero
mit San Elmo jedenfalls haben mir keine Angst eingeflößt. Mein
Städtetrip war richtig gelungen und beeindruckend.
Ingolf taucht wieder auf, allerdings hat er seine Wunsch-Tasche noch
immer nicht gefunden. Und ich hatte ihn noch beauftragt, mir noch so
ein netzförmiges Oberteil in Blau und Pink mitzubringen, wie ich
Donnerstag eins in Gelb erworben habe. Er konnte sich noch erinnern,
wo ich das gekauft hatte. Allerdings habe er den Verkaufsstand nicht
mehr wiedergefunden. Ich erkläre ihm nochmal, dass wir die Straße
geradeaus ganz durchgegangen waren bis in die Nähe der Piazza Dante,
dann waren wir auf der Hauptstraße nach links abgebogen. Und
irgendwo weiter unten Richtung Meer muss das dann gewesen sein. Da
dämmert es ihm dann auch wieder, dass er diese Ecke offenbar
ausgelassen hat. Und er macht sich sogleich nochmal auf den Weg. Bei
DIESER HITZE! Finde ich total lieb von ihm. Zur Belohnung findet er
dann nicht nur meinen Verkaufsstand wieder, sondern auch noch einen
Stand mit den Taschen seiner Wahl. Seine Wunsch-Tasche kostet dann
auch nur 10 Euro. Nun gut: Vermutlich von kleinen chinesischen
Kinderhänden gefertigt... Aber wo sie nun schonmal in Neapel ist und
genau seinen Vorstellungen entspricht, wechselt die Tasche ihren
Besitzer. Es ist einfach ein schönes Gefühl, wenn man eine passende
Beute gemacht hat! |
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Ingolf testet Sedilis Bruscettas, der Hitze wegen
auch eisigstkalte Limonen-Granita (und kriegt stechende
Kopfschmerzen bei jedem eiskalten Schluck...), einen eisgekühlten
Crodino, außerdem den Internetpoint.
Wir bleiben bis in die Dunkelheit auf der Piazza sitzen und
schleppen und schließlich mit Beutebeuteln und den letzten Kräften
ins Casa Dodo. Ich packe noch alles zusammen, was von mir rumliegt,
damit ich morgens genüßlich ausschlafen kann. |
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